28.09.2016

Wilhelm-Wundt-Medaille für Prof. Dr. Gegenfurtner

Karl Gegenfurtner erhielt Wilhelm-Wundt-Medaille im Rahmen des 50. DGPs-Kongresses in Leipzig.

Nr. 174 • 28. September 2016

 

Die Präsidentin der DGPs Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm überreicht Prof. Dr. Karl Gegenfurtner, JLU, die Wilhelm-Wundt-Medaille. Foto: DGPs / Christian Modla

Über eine weitere Anerkennung seiner Forschungsarbeiten kann sich der national und international hoch angesehene Gießener Experimentalpsychologe Prof. Dr. Karl Gegenfurtner freuen. Bei einem Festakt im Rahmen des 50. DGPs-Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) in Leipzig erhielt Prof. Gegenfurtner, Leiter der Abteilung Allgemeine Psychologie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), kürzlich die Wilhelm-Wundt-Medaille.


In der Laudatio der GDPs-Präsidentin Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm heißt es, dass Prof. Gegenfurtner „mit sehr unterschiedlichen Forschungsansätzen Wahrnehmungspsychologie auf höchstem methodischen und theoretischen Niveau betreibt und dabei immer wieder mit innovativen Experimenten klassische Lehrmeinungen in Frage gestellt sowie wegweisende Befunde für neurowissenschaftliche Forschungsansätze erarbeitet hat“. 

JLU-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee gratuliert Prof. Gegenfurtner sehr herzlich zu dieser Auszeichnung. Er betont: „Prof. Gegenfurtners wegweisende Forschungen ermöglichen, dass grundlegende Prozesse bislang wenig bekannter Zusammenhänge im Bereich Wahrnehmung und Handlung besser verstanden werden.“ Und er ergänzt mit Blick auf die lange Tradition der Psychologie an der Universität Gießen: „Eine der Gründungsstätten der modernen Psychologie befindet sich in Gießen, wo Robert Sommer 1904 den weltweit ersten Kongress für experimentelle Psychologie organisierte und ab 1911 der einflussreiche Gestaltpsychologe Kurt Koffka lehrte. Die aktuellen Forschungsarbeiten sind ein weiterer Beleg für die exzellenten Leistungen im Fachgebiet Psychologie der JLU in allerbester Tradition.“ 

Im Fokus der Arbeiten von Prof. Gegenfurtner, die  in diesem Zusammenhang noch einmal besonders gewürdigt wurden, stehen die Informationsverarbeitungsprozesse des visuellen Systems des Menschen.  Sein Interesse gilt den Beziehungen zwischen elementaren sensorischen Prozessen, höherer visueller Kognition und der Interaktion von Wahrnehmung und Handlung. Sein Ziel ist es u.a. zu verstehen, wie komplexe Szenen und Objekte in natürlichen Umgebungen erkannt und im Wahrnehmungssystem/Gehirn repräsentiert werden und wie Objektwahrnehmung für die Steuerung von Bewegungen genutzt wird. Diese allgemeinen Fragen habe der Wissenschaftler in sehr unterschiedlichen innovativen Forschungsansätzen bearbeitet, wie es in der Laudatio ferner hieß. Daraus sind viel beachtete Publikationen u.a. in Annual Review of Neuroscience, in Nature Reviews Neuroscience bzw. in  Nature und Current Biology hervorgegangen.
Ein weiteres Forschungsfeld von Prof. Gegenfurtner gemeinsam mit seinem Team ist die Interaktion von Wahrnehmung und Motorik. Die Wissenschaftler haben  u.a. untersucht, welche Bedeutung  Augenbewegungen für die Wahrnehmung von natürlichen Szenen haben. Weiterhin wurden die Wahrnehmung und Handlung bei Greifbewegungen erforscht. 

Prof. Dr. Karl Gegenfurtner

Karl Gegenfurtner hat an der Universität Regensburg Psychologie studiert. Im Anschluss hielt er sich sieben Jahre in New York auf, wo er in Experimenteller Psychologie promovierte und als Post-Doktorand am Center for Neural Science und am Howard Hughes Medical Institute der New York University tätig war. 1993 kehrte er nach Deutschland zurück an das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik. Im Jahr 2000 wurde er zunächst auf eine Professor für Biologische Psychologie nach Magdeburg berufen, ehe er 2001 den Ruf an die JLU nach Gießen annahm. Prof. Gegenfurtner ist Leiter der Abteilung Allgemeine Psychologie der JLU und wurde für seine Arbeiten vielfach ausgezeichnet. 

Prof. Gegenfurtner hat mehrere Forschungsverbünde initiiert und damit sehr strukturbildend für das Fach Psychologie gewirkt, wie auch die Deutsche Gesellschaft für Psychologie hervorhebt – u. a. mit einer Forschergruppe „Wahrnehmung und Handlung“, einem internationalen Graduiertenkolleg (NeuroAct: Brain and Behavior) sowie seit 2014 mit einem DFG-Sonderforschungsbereich „Cardinal mechanisms of perception: Prediction, Valuation, Categorization”. 

Ab 2005 wurde Prof. Gegenfurtner zudem fünf Jahre lang im Rahmen des Reinhart Koselleck-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert, das Projektideen exzellenter Einzelwissenschaftler vorbehalten ist. Mit Hilfe der Fördermittel in Höhe von 1,25 Millionen Euro untersuchte er mit seinem Team die Wahrnehmung von Materialeigenschaften – ein bis dato noch unerforschter Bereich. Prof. Gegenfurtner ist Mitglied der Leopoldina, der Nationalen Akademie der Wissenschaften.

Wilhelm-Wundt-Medaille

Alle zwei Jahre verleiht die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) anlässlich ihres Kongresses Preise und Ehrungen für herausragende wissenschaftliche Leistungen und Verdienste für die Psychologie. In diesem Rahmen wird die Wilhelm-Wundt-Medaille für herausragende wissenschaftliche Leistungen im Fach Psychologie verliehen. Diese Auszeichnung wird an aktive Forscherpersönlichkeiten vergeben, die durch bedeutende Arbeiten in der empirischen-psychologischen Grundlagenforschung höchste fachliche Anerkennung erfahren. Mit der Verleihung der Wilhelm-Wundt-Medaille ist die Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Psychologie verbunden. Mit dieser Auszeichnung sollen – so die Information der DGPs –  Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen geehrt werden, deren empirische Arbeiten ein Forschungsprogramm repräsentieren, das innovative Ansätze und Problemlösungen in der psychologischen Grundlagenforschung verfolgt, das maßgeblichen Einfluss auf ein Forschungsgebiet der Psychologie hat und das nationale wie internationale fachliche Anerkennung findet.

  • Weitere Informationen

https://www.dgps.de
http://www.uni-giessen.de/fbz/fb06/psychologie/abt/allgemeine-psychologie

Pressestelle der Justus-Liebig-Universität Gießen, Telefon: 0641 99-12041